Bericht aus Berlin – Januar 2013

Liebe Leute,

was für ein Wahlkrimi in Niedersachsen!! Doch wer zuletzt lacht, lacht am besten! Ich freue mich sehr über das gute Abschneiden von uns Grünen – und ganz besonders auch darüber, dass wir selbst in sehr ländlich geprägten Regionen unser Wahlergebnis vom letzten Mal vielerorts mehr als verdoppeln konnten. Glückwunsch allen Gewählten! Und Respekt, Dank und Anerkennung auch all denen, die alles gegeben haben – als KandidatInnen auf den weniger aussichtsreichen Listenplätzen, als WahlkampfmanagerInnen, als AktivistInnen in den Vorständen, auf den Veranstaltungen und an den Ständen – obwohl sie nun nicht mit einem Mandat „belohnt“ werden. Aber Ihr alle könnt Euch als Teil des Erfolgs fühlen. Und nun hoffen wir gemeinsam und arbeiten daran und dafür, dass es zu einem Regierungs- und auch echten Politikwechsel kommt und unser Bundesland einen wirklich nachhaltigen Entwicklungspfad beschreitet.

Denn wir brauchen eine erfolgreiche rot-grüne Koalition in Niedersachsen, die kräftigen Rückenwind gibt für die Bundestagswahl im September, auf dass wir auch dort Schwarz-Gelb „rückstandsfrei“ ablösen können.

Das ist dringend notwendig! Denn dass, was diese Bundesregierung in den letzten Monaten aufgeführt hat, schreit geradezu nach einem Regierungs- und Politikwechsel.

 

Tabu gebrochen: Schwarz-Gelb kürzt den Entwicklungshaushalt

Im letzten „BaB“ hatte ich mich noch darüber beklagt, dass die Bundesregierung nur minimale Aufwüchse im Entwicklungshaushalt beschließen wollte, mit denen die auf internationaler Bühne mehrfach gemachte und immer wieder bestätigte Zusage, bis 2015 mindestens 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen, nie und nimmer eingehalten werden kann. Es sollte aber noch schlimmer kommen: Auf Betreiben des Chefhaushälters der FDP-Fraktion, Jürgen Koppelin, wurden aus dem Regierungsentwurf, auf den sich ja Schäuble und Niebel schon geeinigt hatten, überraschend noch 144 Millionen herausgestrichen.

Entwicklungsminister Niebel und meine Unions- und FDP-KollegInnen aus dem Entwicklungsausschuss waren – zu Recht – empört. Doch als es zum Schwur kam, hatten leider nur fünf KollegInnen aus den Koalitionsfraktionen im Plenum den Mut, einem von mir initiierten Entschließungsantrag zuzustimmen, mit dem diese Kürzungsaktion des Haushaltsausschusses zurückgenommen worden wäre. In der namentlichen Abstimmung lehnten auch Merkel und Niebel den grünen Entschließungsantrag ab, obwohl sie die Kürzung des Entwicklungshaushaltes in Interviews kritisiert hatten und der Inhalt unseres Antrags exakt ihrer Position entsprochen hatte. Wie schizophren! Demokratie verkommt, wenn die Abgeordneten nicht ihrer Überzeugung folgen sondern – wie jetzt Merkel, Niebel und viele andere – einen Antrag „aus Prinzip“ ablehnen, nur weil er von den Grünen gestellt wurde.

Naja, diejenigen von Euch, die in Kommunalparlamenten sitzen, kennen leider dieses „Spiel“, das zur allgemeinen Politik(er)verdrossenheit beiträgt. In diesem Fall hatte es jedoch die traurige Folge, dass erstmals nach langer, langer Zeit, der Entwicklungshaushalt gekürzt wurde, obwohl mehr als 60 Prozent aller Bundestagsabgeordneten noch vor gut einem Jahr den von mir initiierten „Aufruf zu einem entwicklungspolitischen Konsens“ (www.entwicklungspolitischer- konsens.de) unterschrieben und sich darin selbst verpflichtet hatten, alles dafür zu tun, dass die Ausgaben für die Ärmsten der Armen pro Jahr um 1,2 Milliarden Euro gesteigert werden. Seufz!

Hier findet Ihr mehr zu der turbulenten Debatte zum Entwicklungshaushalt und der namentlichen Abstimmung, über die u.a. die Süddeutsche Zeitung schrieb: „Niebel kürzt sich selbst!“:

Rede zum Entwicklungshaushalt (Text)
Rede zum Entwicklungshaushalt (Video)
PM: Niebel betreibt Schuldverschiebung (von Thilo Hoppe und Ute Koczy)

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Otra alianza es posible! Fast 400 companeros y companeras auf der grünen Lateinamerika-Konferenz in Berlin

Erfreulicher war die große grüne Lateinamerika-Konferenz, zu der fast 400 (überwiegend nette) Leute aus Deutschland und Lateinamerika ins Berliner Paul- Löbe-Haus kamen. Mitreißende Reden, kluge Analysen, engagierte Diskussionen, zwischendurch südamerikanische Rhythmen und abends Salsa. Eine Konferenz für Kopf, Herz und alle Sinne – und mit einem guten Output. Aus den Ergebnissen haben wir einen Antrag geschrieben und im Januar kurz vor dem EU- Lateinamerika-Gipfel in Santiago de Chile in den Bundestag eingebracht. Wir wollen im Gegensatz zur gegenwärtigen „strategischen Partnerschaft“ zwischen der EU und Lateinamerika, die einseitig an den Interessen der Exportwirtschaft ausgerichtet ist („Verfünffachung der Fleischimporte gegen Verdopplung der Automobilexporte“) eine neue Partnerschaft, die die Menschenrechte in den Mittelpunkt stellt und sich am Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung orientiert. Hier findet Ihr mehr Informationen zur Lateinamerikakonferenz der grünen Bundestagsfraktion und zu unserem Lateinamerikaantrag:

Grüne Lateinamerikakonferenz (Homepage-Seite)
Thilo Hoppe und Hermann Ott singen „Otra Alianza es posible“ (Video)

Thilo Hoppe im Parlament – Anträge (Dezember 2012: EU – Lateinamerika: Partnerschaft für eine sozial-ökologische Transformation)

 

„Mit dem Essen spielt man nicht!“ – Aber die Deutsche Bank zockt wieder mit Nahrungsmitteln

In einem der frühere „BaBs“ hatte ich Euch von meinem Antrag gegen die Spekulation mit Nahrungsmitteln („Mit dem Essen spielt man nicht!“) berichtet, der in einer Anhörung des Entwicklungsausschusses von mehreren Sachverständigen gute Noten bekommen hatte. Aufgrund heftiger Kritik – auch aus den Kirchen und von vielen Nichtregierungsorganisationen – hatte die Deutsche Bank ihr spekulatives Engagement im Agrarsektor vorrübergehend ausgesetzt. Doch nach einer eigenen Studie, mit der sich die Deutsche Bank selber die „Unbedenklichkeit“ für ihr Engagement in diesem Bereich bescheinigte, will sie jetzt ihre Zockerei mit Nahrungsmitteln wieder aufnehmen. Meine heftige Kritik an dieser Entscheidung findet Ihr hier:

PM: Deutsche Bank zockt weiter mit Nahrungsmitteln

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Endlich fertig und beschlossen: Grünes Positionspapier zur Neuausrichtung der Handels- und Investitionspolitik der EU

In der AG Global Governance und Welthandel, die von mir geleitet wird, haben wir uns fast ein Jahr lang intensiv mit der Handels- und Investitionspolitik der EU beschäftigt, Fachgespräche unter Beteiligung von WissenschaftlerInnen und NGOs veranstaltet, uns mit der grünen Europafraktion ausgetauscht … und ein Positionspapier geschrieben, das Mitte Januar dann auch einstimmig von der Bundestagsfraktion beschlossen wurde. Wir wollen die europäische Handels- und Investitionspolitik aus der „Dunkelkammer“ herausholen und am Leitbild einer menschenrechtsbasierten nachhaltigen Entwicklung ausrichten.

Positionspapier für eine Neuausrichtung der Europäischen Handels- und Investitionspolitik beschlossen

Dass ich mich als Sprecher für Welternährung mit den Hungersnöten am Horn von Afrika, in der Sahelzone und mit den Krisen und humanitären Katastrophen in Mali und Syrien beschäftigt habe und auch weiterhin beschäftige, versteht sich von selbst. Hier der Link zu einer gemeinsamen Pressemitteilung von Claudia Roth und mir: Notleidende des Syrien-Konflikts brauchen dringend Hilfe!

Im Unterausschuss Vereinte Nationen und im Entwicklungsausschuss des Deutschen Bundestages sowie in der AG Nord-Süd der grünen Bundestagsfraktion beschäftige ich mich zur Zeit auch intensiv mit der sogenannten Post-MDG- Agenda (Was kommt nach 2015, dem Jahr, zu dem eigentlich die Millenniumsentwicklungsziele – MDGs – erreicht sein sollen?) Auf der Rio-plus-20- Konferenz im Juni und der VN-Generalversammlung im September letzten Jahres wurde beschlossen, für die Zeitspanne von 2015 bis 2030 universelle Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) auszuarbeiten, die die alten MDGs ablösen sollen. Spannend, denn während sich die MDGs vor allem an die Entwicklungsländer richten und sie anspornen sollen, Hunger und extreme Armut zu überwinden und Aids einzudämmen, wollen die SDGs auch den Industrienationen Ziele setzen, z.B. den Ressourcenverbrauch und die Emissionen in ihrer Wirtschaft, ihrer Landwirtschaft und in ihrem Verkehrssektor zu senken. Wir planen mehrere Anhörungen zu diesem Thema, über die ich Euch im nächsten „BaB“ berichten werde.

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Weitermachen?

Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschieden, entgegen meiner ursprünglichen Lebensplanung doch noch einmal anzutreten und mich um die Kandidatur für den nächsten Deutschen Bundestag zu bewerben – als Direktkandidat im Wahlkreises Aurich-Emden und auch für einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste. Warum? Wie in den „BaBs“ berichtet, habe ich in den letzten Jahren intensiv an umfangreichen Konzepten gearbeitet – für eine neue grüne Entwicklungspolitik, für eine Eindämmung der Spekulation mit Nahrungsmitteln, für eine Neuausrichtung der Handels- und Investitionspolitik und für eine kohärente Strategie zur Bekämpfung des Hungers. Ich glaube daran, dass Rot-Grün im September eine Chance hat, die jetzige Regierung abzulösen. Die Aussicht, die von mir mitentwickelten Konzepte dann auch UMSETZEN und nach langer Oppositionszeit Verantwortung übernehmen und (Entwicklungs)politik mitgestalten zu können, motiviert mich, noch einmal anzutreten. Ich möchte meine in den letzten Jahren gesammelten Erfahrungen einfließen lassen in einen Prozess, der nach der nächsten Bundestagswahl – hoffentlich ! – zu einer Politik führt, die von mehr sozialer Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Menschenrechtsorientierung und internationaler Solidarität geprägt ist.

Ich wünsche mir eine „bunte“ grüne Liste, in der es eine gute Mischung aus erfahrenen Abgeordneten und Neuen gibt, die „frischen Wind“ bringen. Und deshalb habe ich vor, mich nicht wieder um Listenplatz 4 sondern diesmal um Platz 8 zu bewerben. Das wäre der erste zusätzliche Platz, der zieht, wenn wir unser Ergebnis im Vergleich zur letzten Bundestagswahl (10,7% und sieben Mandate) steigern werden. Aber das sollte doch mit vereinten Kräften wirklich drin sein!

Bin nach wie vor an Euren Rückmeldungen interessiert – zu den in diesem „BaB“ angesprochenen Aktivitäten, aber auch zu allen anderen Themen, die Euch unter den Nägeln brennen.

Mit herzlichen Grüßen aus Aurich und Berlin

Thilo Hoppe 

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